Justizreform in Polen

30. Dezember 2017

Der deutsche Bundespräsident hat am 29.12.2017 Frau Dr. Christiane Schmaltz zur Richterin des deutschen Bundesgerichtshof ernannt. Frau Dr. Schmaltz ist Mitglied des Deutscher Juristinnenbund e. V, der nur Frauen aufnimmt und bei dem Deutschen Bundestag als Lobby-Verband registriert ist. Das ist, ich kann es mir anders nicht vorstellen, gut. 

In dem Berliner Anwaltsblatt, der Zeitschrift eines deutschen Anwaltsvereins, legt im Oktober 2017 die der homosexuellen Extreme und dem Deutschen Juristinnenbund e. V. angehörige Richterin des deutschen Bundesverfassungsgerichts Frau Prof. Dr. Baer in einer Art Manifest auf neun Druckseiten dar, wie das Bundesverfassungsgericht mit Hilfe der Bundesregierung die Menschen in Deutschland zur richtigen Lebensweise erziehen will, verbunden mit der Drohung, die Verfassung sei für alle da. 

Ich verstehe, wenn die Bezeichnung als Angehörige der homosexuellen Extreme als extrem empfunden wird, obwohl die Eigenschaft homosexuell positiv ist. Um zu prüfen, ob diese Beschreibung zutrifft, wäre das Gegenteil zu den Auffassungen zu bilden, welche Frau Prof. Dr. Baer vertritt, und zu ermessen, ob dieses Gegenteil in Relation zu der Verfassung und dem Amt eines Richters des Verfassungsgerichts nach den Maßstäben der etablierten Kultur als extrem zu bezeichnen wäre. 

Zu Beginn könnte man sich vorstellen, es seien nicht zwei Frauen, sondern zwei Männer in das Amt eines Richters am Bundesgerichtshof und eines Richters am Bundesverfassungsgerichts gewählt worden, die einem Deutscher Juristenbund angehören, der nur Männer aufnimmt und erklärtermaßen nur für die Interessen von Männern eintritt (genauer gesagt, das Interesse seiner rund 3.000 Mitglieder, Spitzenpositionen in Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Rechtssprechung zu erreichen) und der Auffassung ist, für die Durchsetzung dieser Interessen sei die rechtliche Benachteiligung von Frauen verfassungsrechtlich geboten. 

Am 04.01.2018 hat das Bundesverfassungsgericht selbstgemachte Verhaltensleitlinien für die Richter des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht (datiert auf November, a. d. 2017), gemäß dessen Punkt I.3 die Mitgliedschaft in dem Deutscher Juristinnenbund („Gruppierungen„) die Tätigkeit als Richterin am Bundesverfassungsgericht nicht ausschließt, weil die Richter und Richterinnen mit diesen Verhaltensleitlinien versprochen haben, ihr Amt ohne Voreingenommenheit im Hinblick auf persönliche, gesellschaftliche oder politische Interessen oder Beziehungen auszuüben. Weshalb eine Ablehnung einer Richterin gemäß § 19 BVerfGG auf Grund der Besorgnis der Befangenheit wegen ihrer Mitgliedschaft im Deutscher Juristinnenbund e. V. zukünftig ausgeschlossen wäre, weil die Richterin versprochen hat, als Richterin neutral zu handeln. Es handelt sich um eine Art vorweggenommene selbstbezügliche Beschlussfassung über die Besorgnis der Befangenheit, vielleicht (vergleichbar einem Dauerverwaltungsakt) eine Art Dauerbeschluss. Oder simplicissimus: ein Freibrief. 

Ein Bild von der („versprochen!“) Neutralität der RichterInnen des Bundesverfassungsgerichts kann man sich anhand der laufenden Verfahren des Jahres 2017 machen, die in der Jahresvorschau neuerdings den BerichterstatterInnen zugeordnet werden. Die BerichterstatterIn Frau Prof. Dr. Britz war im ersten Senat demnach im Jahr 2017 mit zwei Verfahren befasst.

Eine Verfassungsbeschwerde eines heterosexuellen Mannes auf Umgang mit seinem natürlichen Kind im Wechselmodell entgegen dem erklärten Willen der Kindesmutter: nicht zur Entscheidung angenommen („Erledigt durch Nichtannahmebeschluss vom 04.09.2017“ – 1 BvR 1880/16). 

Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Eintragung des Geschlechts intersexueller Personen mit der Bezeichnung „inter“ beziehungsweise „divers“ im Geburtenregister („drittes Geschlecht“): stattgegeben mit Beschluss vom 10.10.2017 (1 BvR 2019/16). 

Zu letzterer Entscheidung vgl. Märker „Drittes Geschlecht?“ (NZFam 2018, 1): „Das Bundesverfassungsgericht negiert naturwissenschaftliche, unumstößliche Gesetzlichkeiten und rüttelt an den Grundlagen der Zivilgesellschaft und des Grundgesetzes selbst„. 

Post scriptum: Mit Beschluss vom 22.01.2018 (1 BvR 2616/17) hat das Bundesverfassungsgericht in Person des Richters Prof. Dr. Eichberger und der Richterinnen Frau Prof. Dr. Baer und Frau Prof. Dr. Britz entschieden, die Verfassungsbeschwerde eines heterosexuellen Mannes (mit gemeinsamen Sorgerecht) nicht zur Entscheidung anzunehmen, der zufolge sich aus der Verfassung ein Recht auf ein ‚paritätisches‘ Wechselmodell bei der Betreuung der Kinder ergäbe. 1 BvR 2616/17